Omnipräsente Selbstreferenz
Habe den Film vor wenigen Tagen in der Preview gesehen und musste das Geschehen drei Tage sacken und wirken lassen, bevor ich mein finales Urteil nun in Form dieser Kritik niederschreibe.
Zunächst einmal war ich doch recht skeptisch, als man mit einem vierten Matrix-Film um die Ecke kam. Hat der erste Teil noch Maßstäbe in allen Bereichen gesetzt, waren die Sequels bereits nur noch mäßiger Durchschnitt. Zudem war für mich aufgrund des Ausgangs des dritten Teils ein weiterer Film mit der Beteiligung von Keanu Reeves undenkbar. Der Reiz bei diesem Film bestand für mich also von Anfang an darin, zu sehen, was für eine Geschichte präsentiert wird.
Für mich hat die erste Stunde des Films durchaus ihren Reiz versprüht. Die Herangehensweise die man gewählt hat, dürfte viele Leute verschrecken und man muss schon sehr viel schlucken, was Frau Wachowski dem Publikum hier auftischt.
Die ersten drei Filme werden im Sekundentakt zitiert und durch die zahlreichen Meta-Gags hat man zwischenzeitlich das Gefühl, dass man sich hier in einer Sketch-Komödie befindet. Frau Wachowski arbeitet sich hier am Hollywood-System ab und man hat das Gefühl, dass sie diesen Film eigentlich nie machen wollte, aber aus Angst, dass andere Leute ihr Erbe beschmutzen könnten, macht sie es am Ende lieber doch selbst. Ob dies nun ein besseres Endergebnis zur Folge gehabt hätte, steht in den Sternen.
Nach der ersten, durchaus unkonventionellen Stunde, kristallisiert sich langsam heraus, worauf die Geschichte hinausläuft. All die Dinge, die man vorher mit einem Augenzwinkern kritisch aufs Korn genommen hat, werden in der Folge nun selbst aufs Sträflichste begangen. Man betritt wieder gewohnte Pfade, wie man sie ähnlich aus dem ersten Teil gekannt hat. Nur eben ohne die philosophische Tiefe und die Maßstäbe setzende Actioninszenierung.
Genau dies stellt für mich den mit Abstand negativsten Gesichtspunkt des vierten Films dar. Auch wenn man, wie ich, mit den Sequels eher unzufrieden war, so waren doch zumindest die Kampf- und Actionszenen über jeden Zweifel erhaben. Man erinnere sich an die beeindruckende Verfolgungsjagd auf dem Highway im zweiten Teil.
Es gibt in Resurrections keine einzige Actionsequenz die einem nachhaltig im Kopf bleibt oder die nur annähernd den Eindruck erweckt, hier war man mit Herzblut bei der Sache. Jede Kampfszene ist so zerschnitten, dass eine logische Nachvollziehbarkeit der Abläufe unmöglich ist. Die Kampfszenen lassen keine Choreographie erkennen und wirken teilweise arg ungelenk. Optisch liegt der Film auch meilenweit hinter den Vorgängern und macht in gewissen Momenten den Eindruck einer x-beliebigen Netflix-Produktion von der Stange.
Das Schauspiel von Keanu Reeves ist teilweise sehr fremdschämig und unpassend. Er wirkt in vielen Passagen eher wie sein überdrehter Charakter aus den Bill & Ted Filmen und hat wenig mit dem Neo zu tun, den man aus den alten Filmen kennt.
Ein weiteres Problem was der Film hatte, war, dass es bis kurz vor Schluss eigentlich keinen richtigen Antagonisten gab. Die Bedrohung war für mich nicht greifbar und ich habe sie auch nie ganz verstanden.
Das Auftauchen mancher Figuren, wie ein Agent Smith oder Morpheus in neuem optischen Gewand, sind komplett überflüssig. Sie dienen nicht der Geschichte und erfüllen den bloßen Zweck, dass sie halt einfach wegen des prominenten Namens dabei sein müssen.
Je länger der Film dauert, desto mehr baut er auch ab. Der Streifen kann den vielversprechenden Anfang über seine Laufzeit nicht halten und stellt für mich den schlechtesten Teil der Reihe dar, leicht hinter dem für mich auch schwierigen dritten Teil.
Am Ende des Films steht die ernüchternde Erkenntnis, dass man an die Erfolge von vor 20 Jahren nicht anknüpfen kann, wenn man einfach nur die Nostalgiewelle reitet und jeden Sinn für innovatives Geschichtenerzählen über Bord geworfen hat. Das Thema Matrix bedarf keiner weiteren Fortsetzung mehr… Hoffentlich.
(Text erstellt von MC_Horn)